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    Formel E – schon mal davon gehört? Die Formel E ist die erste rein elektrische Rennserie der Welt und mit ihren zwei Jahren sehr jung. Zehn Teams mit insgesamt 20 Fahrern – viele davon ehemalige Formel-1-Piloten – treten in zahlreichen Weltstädten gegeneinander an.

    Diese Rennserie soll für Umweltfreundlichkeit, Sparsamkeit sowie Nachhaltigkeit stehen und somit vor allen Dingen junge Leute ansprechen. Als Austragungsorte für die Rennen dienen eigens entworfene Straßenkurse direkt in den Stadtzentren, um das Event zu den Zuschauern zu bringen - und nicht umgekehrt. 
    Dominik Tomberg, ehemals Mitglied der Geschäftsleitung der ESB Marketing Consult AG, ist an der IST-Hochschule Dozent für das Thema „Sportvermarktung“ und als freier Berater im Umfeld der Formel E tätig. Wir haben ihn und André Theuerzeit, ebenfalls Formel E-Experte und Berater von Rennprofi Nick Heidfeld, zu den Entwicklungen der noch jungen Rennserie befragt.

    IST: Herr Tomberg, Herr Theuerzeit, Sie sind beide als freie Berater im Umfeld der Formel E tätig. Was machen Sie da genau?
    TombergDominik Tomberg: In meiner Tätigkeit als Agent für Geschäftsentwicklung kümmere ich mich um innovative Kommunikation für Marken und Unternehmen. Da muss man sich mit der Formel E als Zukunftsthema einfach auseinandersetzen. Was dort technologisch und inhaltlich abgeht, ist beeindruckend. Die Entwicklung ist rasant. Zuletzt durfte ich mit dem Team der Avantgarde aus Köln und in Zusammenarbeit mit André Theuerzeit den Einstieg des japanischen Halbleiterherstellers ROHM Semiconductor als Official Technology-Partner und globalen Sponsor beim Venturi Formula E-Team begleiten. Meine Aufgabe war es, die Strategie, Konzeption und Kreation für die Kommunikation und die Geschäftsziele von ROHM in diesem Projekt zu erarbeiten. Das Ergebnis ist dann in Hong Kong Anfang Oktober zum ersten Rennen erstmals sichtbar geworden.
    Theuerzeit [square]André Theuerzeit: Ich habe die Formel E frühzeitig als unique Plattform im Bereich der Sportkommunikation identifiziert. Sie bedient nun mal Themen, die keine andere Sportart oder Plattform im Sport so glaubwürdig bedienen kann. Aus diesem Grund akquiriere ich Unternehmen, für die aus meiner Sicht ein Engagement in der Formel E interessant ist. Dabei helfe ich mit meinen Erfahrungen insbesondere bei der Rechteauswahl. Das kann die Serie sein, ein Rennen, ein Team oder ein Fahrer. Natürlich liegt mein Fokus dabei auf dem deutschsprachigen Markt, Nick Heidfeld und seinem Team, Mahindra Racing. Das Team gehört der Mahindra Group, einem der größten indischen Mischkonzerne. Die Formel E ist somit oftmals auch interessant im Hinblick auf B-2-B-Aspekte deutscher Unternehmen. 

    Wie kamen Sie zu dieser noch jungen Rennserie? 
    DT: Wie bei so vielen Projekten im Sportbusiness ist es eine Frage des Netzwerkes. Es ist wichtig, dass man Menschen in seinem Umfeld hat, die sich mit Themen intensiv beschäftigen und mit denen man sich austauschen kann. Dann noch eine Portion Glück, und schon ist man in so einer Rennserie mittendrin. Aber im Ernst, André hat auch über seine Beraterfunktion bei Nick Heidfeld schon ganz früh auf das Thema Formel E gesetzt. Er ist zu vielen Rennen gereist, hat mit Leuten gesprochen und sich in die nicht ganz einfache Thematik intensiv eingearbeitet. Wir haben dann immer wieder darüber diskutiert und Ideen ausgetauscht. Schließlich konnte der Deal zwischen ROHM und Venturi fixiert werden und es wurde eine Agenturausschreibung gemacht. Dort konnte sich die Avantgarde durchsetzen.
    AT: Die Formel E (FE) hat ja bereits vor ihrer ersten Saison ihre Schatten recht weit voraus geworfen. Noch zu Zeiten, als Nick in der Formel 1 fuhr, habe ich die Entwicklungen, die die FE im Hinblick auf die 1. Saison gemacht hat, verfolgt. Jedoch, wie die meisten, aus der F1-Perspektive mit einer Portion Skepsis und der Frage: Ist für eine weitere globale Rennserie neben oder auch nur unterhalb der F1 überhaupt Platz? Sämtliche Versuche, eine weitere globale Plattform im Formelbereich zu kreieren, sind in den vorangegangenen Jahrzehnten gescheitert. Und ist es überhaupt möglich „from scratch“ eine Rennserie bzw. eine neue „Sportart“ auf einem solchen Niveau starten zu lassen, sodass sie nicht nach einem Jahr wieder verschwindet?! Als sich abzeichnete, dass Nick vom ersten Rennen an dabei sein wird, hat sich das Interesse natürlich nochmal verstärkt und wir fanden beide den Gedanken spannend, bei einem solchen „Start up“ von Beginn an dabei zu sein. 

    FormelEGibt es Besonderheiten dieser Formel E, die es in anderen Rennserien nicht gibt? 
    DT: Aus meinem Blickwinkel unheimlich viele! Das ultimative Ziel eines FE-Piloten und des gesamten Teams ist es, möglichst schnell UND möglichst energiesparend zu racen. Das ist eine sehr besondere Herausforderung, zumal viele Faktoren wie Reifen oder der Aufbau des Autos bei allen Teams identisch ist. Alles fokussiert sich auf den Antriebsstrang, die Leistungsfähigkeit der Bauteile und das Können der Fahrer. Genau diese Differenzierung wird immer deutlicher. Das macht den Sport für Fans sehr attraktiv und es fällt ihnen leicht, sich mit der Serie zu identifizieren. Nimmt man dann noch die Rennkurse in den Innenstädten der Metropolen und das Entertainment-Programm hinzu, dann ist die Formel E schon eine ziemlich einzigartige und zukunftsweisende Plattform.
    AT: Wie Dominik schon sagte, es gibt enorm viele Besonderheiten! Man muss manchmal aufpassen, dass man sich bei der Aufzählung nicht verzettelt. Für mich war die große Chance der FE, dass sie mit nichts als einem weißen Blatt Papier starten konnte! Das war insofern ein Vorteil, dass man moderne Tools wie z.B. den Fanboost glaubwürdig integrieren konnte, die hingegen in der F1 völlig absurd wären, weil sie konträr zur DNA dieses Sports laufen würden. Der Fanboost ist die Bezeichnung für eine Abstimmung der Fans im Vorfeld des Rennens für drei Fahrer, die für ca. 2,5 Sekunden mit mehr PS als alle anderen fahren dürfen. Es gibt keine zweite Sportart in der der Fan, wie mit dem Fanboost, ein so hohes Involvement hat.

    Sie haben die Formel 1 erwähnt. Wie schätzen Sie die Zukunft dieser Rennserie ein?
    AT: Die F1 ist „the pinnacle of Motorsport“, mit einer Historie von über 50 Jahren. Aber die F1 krankt: Sie hat ein hoch spannendes, weil höchst komplexes Motorenreglement, aber alle reden es schlecht. Ein Antriebstrang, der aus sechs unterschiedlichen Systemen besteht. Verbrennungsmotor; MGU-K; MGU-H; ES; Turbolader und Steuerelektronik. Ein Fest für jeden Technik-Fan und sogar zukunftsorientiert. Aber niemand lässt ein gutes Haar dran. Weder die Fans noch die Fahrer und Teams. Selbst Chef Bernie Ecclestone höchstpersönlich ist unzufrieden. 
    Ich frage mich einfach, was in 10-20 Jahren passiert. Entweder, die F1 mutiert dann zum „Historic Racing“ oder man steigt von jetzt auf gleich auf Elektro um. Nur dann ist die FE vielleicht schon so etabliert in dieser (heutigen) Nische, dass für die F1 kein Platz mehr ist?! 

    Was für Möglichkeiten bietet die Formel E heute schon einem Unternehmen?
    DT: Unsere Beratung fußt auf einem Wissens- und Erfahrungsvorsprung auf genau dieser Plattform. Wie gesagt, viele Fachleute betrachten die FE sehr oberflächlich. Und – wie auch bei der e-Mobilität allgemein – existieren vielfältige Vorurteile. Aus diesem Blickwinkel bleibt die Formel E ein Zwerg gegenüber der Formel 1. Wenn man sich allerdings mit den Unterscheidungsmerkmalen beschäftigt, dann findet man sehr viel Spannung und attraktive Themen. Die Budgets sind noch verhältnismäßig klein, die kommunikativen Möglichkeiten vielfältig, das Netzwerk innerhalb der Formel E bildet sich gerade erst… alles Dinge von denen man als Sponsor oder Partner in der Serie sehr profitieren wird, wenn man sich frühzeitig involviert.
    AT: Das Engagement von ROHM Semiconductor als Partner vom TEAM Venturi ist ja eigentlich ein sehr gutes Beispiel für sich auftuende Möglichkeiten. Sport-Sponsoring stand in diesem Unternehmen noch nie auf der Agenda und steht es auch heute nicht. Aber in der FE kann ROHM ihre Produkte bzw. Zukunftstechnologie, die SiC-Module, schon heute glaubhaft in den Antriebsstrang integrieren, ja sogar testen und weiter entwickeln. Einen besseren Showcase gibt es nicht. In dieser Form kann das doch sonst nur ein Sportartikelhersteller im Sport, aber kein branchenfremdes Unternehmen. 

    Wie schätzen Sie das Potenzial der Formel E ein? 
    DT: Riesig. Die letzten Wochen mit den Neuausrichtungen der großen Autobauer und ihren strategischen Umstellungen zeigen eindeutig, wo die Reise hingeht. Die Gazetten sind voll mit Diskussionen um die Firma Tesla und der Zukunft der Mobilität. Und genau diese Zukunft ist als „Showcase“ mit der Formel E schon Realität. Für Technologieunternehmen ist es ein absolutes Muss, sich mit dem Thema zumindest auseinanderzusetzen. Für innovative Marken ist es hochspannend dies zu tun. Ob die Entscheidung dann für oder gegen ein Engagement spricht, ist sicher eine komplexere Sache. Aber sich dem Thema nicht zu widmen, halte ich für falsch. 
    Wenn man das alles zusammen nimmt, dann bleibt nur der Schluss, dass das E die 1 über kurz oder lang überholen wird.
    AT: Im Grunde hat Dominik damit alles gesagt. Die aktuellen Rahmenbedingungen pushen förmlich die Elektromobilität und ich sehe derzeit keinen Grund, warum sich das ändern sollte. Gradmesser sind für mich oftmals Personen aus dem alt-hergebrachten Motorsport, die zum ersten Mal bei einem FE Rennen sind. Die meisten kommen mit Skepsis und einem Schuss Arroganz aus der F1. Bis dato habe ich nach den Rennen immer gehört, dass man überrascht und beeindruckt sei.

    FormelE2Etwas provokant gefragt: Ist diese Rennserie ein „Alters-Spielplatz“ für ehemalige Formel 1-Profis wie Nick Heidfeld? 
    DT:
    In einer überalternden Gesellschaft spricht ja viel Positives für „Alters-Spielplätze“ (lacht)… Bezogen auf die Formel E war es sicher ein guter Zug, mit prominenten Namen wie Heidfeld, Prost oder Senna zu starten. Wobei die beiden Letztgenannten natürlich die Junioren sind. Die drei Fahrer an der sportlichen Spitze sind ja auch keine F1-Veteranen. Ganz im Gegenteil Di Grassi, Buemi und Abt sind im besten Fahreralter und bringen viel Erfahrung mit. Für Nick ist die Formel E etwas ganz Besonderes. Er hält als Fahrer den Rekord des „zuverlässigsten F1-Fahrers“ und war schon zu F1-Zeiten sehr bekannt für seine schnelle und ressourcenschonende Fahrweise. Diese Kompetenz zeichnet ihn aus! Die Rennen in Berlin letzte Saison und Hong Kong zu Beginn der neuen Saison sind beste Beispiele für maximale Performance und perfektes Energiemanagement. Das ist der Erfolgsfaktor in der FE. Deswegen ist Nick der richtige Fahrer zur richtigen Zeit.
    AT: Ich würde das nicht so umschreiben. Die FE besteht aus einem Mix aus Fahrern. Ein Großteil sind ehemalige F1 Fahrer, die sich aber mit Ende 20, Anfang 30 meist noch auf dem Höhepunkt ihrer sportlichen Leistungsfähigkeit befinden. Wir reden hier über Fahrer, die jahrelang zu den 20 besten Rennfahren der Welt gehörten. Dass die FE kein Alters-Spielplatz ist, hat doch das Debut eines in die Jahre gekommen F1-Weltmeisters gezeigt. Jacques Villeneuve hatte hier in keiner Weise mehr mitthalten können und war schneller wieder raus, als er gucken konnte.

    Was reizt Rennfahrer an dieser Formel E? Ist es eine wirkliche Alternative zu herkömmlichen Serien?
    AT:
    Es ist derzeit noch so, dass jeder Nachwuchsfahrer nur die F1 im Blick hat. Aber in dieser gibt es nun mal nur 22 Plätze und die die allerwenigstens schaffen es jemals dorthin. Ich glaube, an dem Tag an dem ein Nachwuchsfahrer das realisiert, rückt die FE bereits in sein Blickfeld. Schlussendlich wird hier auch auf Fahrerseite bereits ordentlich verdient. Hinzu kommen mittlerweile Top-Nachwuchsfahrer aus der GP2 oder die weltbesten Tourenwagen-Fahrer wie etwa Jose-Maria Lopez.  Zusammenfassend kann man sagen, dass das Fahrerfeld im globalen Motorsport sicherlich hinter der F1 das Zweitbeste ist. Also „racing at its best“. Den ein oder anderen reizt sicher auch der Aspekt, dass man noch intelligenter bzw. cleverer im Hinblick auf seine verfügbaren Ressourcen fahren muss.

    Und Unternehmen? Können Sie denen auch was in Hinsicht auf die Formel 1 oder Formel E mit auf den Weg geben?
    DT:
    Um ehrlich zu sein, bin ich weder motorsportverrückt noch sonderlich an der F1 oder anderen Serien interessiert. Ich verfolge es eher aus professioneller Marketingsicht. Bei der Formel E ist das anders! Das hängt vor allem mit den kommunikativen Möglichkeiten, mit der Innovationskraft und mit den vielen Vorurteilen zusammen. Alles das macht es spannend, um mit der Serie zu arbeiten und Unternehmen zu begleiten, die sich mit der Formel E auseinandersetzen. Denn genau aus dieser Position heraus kann man wirkliche Alleinstellungsmerkmale und Wettbewerbsvorteile als Unternehmen erzielen.

    Herr Theuerzeit, Herrn Tomberg, wir danken Ihnen für das Gespräch!
     
    Alle Informationen zur Arbeit von André Theuerzeit finden Sie unter www.bang-agentur.com. Details zum IST-Dozenten Dominik Tomberg gibt es unter www.dominiktomberg.com.

    Für weitere Informationen rund um das Studium an der IST-Hochschule für Management klicken Sie hier.

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